Brünnhild, Figur der nordischen Mythologie, ist Kriegerin, Kind der Erdmutter Erda und Wotans, Gottvater, für den sie Krieger auf dem Schlachtfeld auswählt, die für seine Armee in Walhall bestimmt sind. Als Walküre ist sie Teil einer autarken Schwesternschaft und hat als solche einen festen Platz in einer göttlichen Ordnung. Sie ist stark und frei von irdischen Zwängen, steht als Wotans Lieblingstochter loyal zu ihrem Vater und ist ihm treu ergeben.
Als Brünnhild zum ersten Mal eine freie Entscheidung trifft und sich damit dem Befehl Wotans widersetzt, hat dieser Ungehorsam weitreichende Folgen. Aus Mitgefühl steht sie Siegmund bei, Wotans Sohn, den er widerwillig zu opfern bereit war. So erfüllt sie im Grunde den Urwunsch Wotans, als sie versucht Siegmund zu retten, aber verstößt damit gleichzeitig gegen seine Weisung, was ihm keine andere Wahl läßt als sie für ihren Ungehorsam zu bestrafen.
„.. das sind die Bande, die mich binden:
der durch Verträge ich Herr,
den Verträgen bin ich nun Knecht“
Wotan entzieht Brünnhild ihre Göttlichkeit und ihren Status als Walküre. Damit verliert sie auch ihre Unsterblichkeit, den kindlichen Schutz und die Leichtigkeit, den ihr das Leben in der Gemeinschaft der Walküren gewährt hat.
Doch trotz der Härte und des Schocks durch den Verlust von Status, Gemeinschaft und Göttlichkeit beginnt für Brünnhild ein neuer Lebensabschnitt, der Beginn einer eigenen Identität.
Wotan kündigt es an, für ihn ist es ein Makel, für Brünnhild ist es der Neubeginn.
„Was sonst Du warst sagte Dir Wotan.
Was jetzt Du bist, das sage Dir selbst“
Die Freiheit, die Brünnhild durch ihre Entscheidung erlangt ist vor allem die Freiheit zur Selbstbestimmung. Mit ihrer Entscheidung hat sie auch die Determiniertheit ihres Geschlechts, Ihrer Sippe, abgeworfen.
Indem sie sich dem Befehl widersetzt, weil sie aus Liebe und Mitgefühl handelt, erlangt sie Macht ihr eigenes Leben zu bestimmen und Verantwortung zu übernehmen.
Brünnhild kann nun selber entscheiden, wer sie sein möchte und welche Werte sie vertreten will.
Mit ihrer Befehlverweigerung hat sie sich von den autoritären Strukturen der Göttergemeinschaft und ihrer Konventionen gelöst und ist frei ihren eigenen Weg zu finden.